Das Pflichtpfand – eine unsinnige und teure Idee
Abfall stört in der Natur. Um die Umweltverschmutzung zu verringern, wird ab und zu auch ein Pflichtpfand auf Getränkedosen und Getränkeflaschen gefordert. Würde das etwas nützen? Nein, in der Schweiz brächte ein Pflichtpfand der Umwelt nicht viel. Die Einführung eines Pflichtpfandes wäre teuer und würde dem Recyclingsystem schaden. Das zeigt eine Studie der Hochschule für Technik Rapperswil.
Werden mit einem Pflichtpfand mehr Dosen und Flaschen recycelt?
Das Recycling ist in der Schweiz auf einem sehr hohen Niveau. Wir verdanken dies einem hervorragend funktionierenden System. Die Quote der recycelten Getränkeverpackungen ist bei uns höher als in europäischen Ländern mit Pflichtpfand. Die Schweizer Recyclingquote von PET beträgt nach EU-Standard stolze 91 Prozent.
Wussten Sie, dass es in der Schweiz doppelt so viele PET-Sammelstellen gibt wie Post-Briefkästen? Mit einem Pflichtpfand wäre eine Rückgabe nur noch über die Verkaufsstellen möglich. Von über 100’000 öffentlichen Sammelstellen würden nur 7’000 übrigbleiben. Eine einfache Rückgabe, wie wir sie kennen, wäre nicht mehr möglich. Diese Einschränkungen würden sich negativ auf die Recyclingquote auswirken.
Löst ein Pflichtpfand das Littering-Problem?
Nein, ein Pflichtpfand löst dieses Problem nicht. In Ländern mit Pflichtpfand wird nicht weniger Abfall weggeworfen als in der Schweiz. In der Schweiz werden über 82 Prozent der PET-Getränkeflaschen, 91 Prozent der Aludosen und 95 Prozent der Glasflaschen recycelt. Der Rest landet mehrheitlich im normalen Abfall. Ein kleiner Teil geht zudem im Recyclingprozess bei der Verarbeitung verloren. 87 Prozent des Litterings machen Take-Away-Verpackungen, Zeitungen oder Zigarettenstummel aus. Weitere sechs Prozent sind Getränkeverpackungen, die auch mit einem Pflichtpfand liegenbleiben würden (Deckel etc.). Somit hat ein Pflichtpfand auf 93 Prozent des Litterings keinen Einfluss.
Was unternehmen Industrie und Handel gegen Littering?
Die Recyclingorganisationen PET-Recycling Schweiz, IGORA (Alu) und Vetroswiss (Glas) gründeten 2007 die Interessengemeinschaft saubere Umwelt (IGSU). Gemeinsam mit Schweizer Unternehmen engagieren sie sich gegen Littering, ohne Verursacher zu sein. Die IGSU macht die Bevölkerung auf Littering aufmerksam und fördert den korrekten Umgang mit Abfall. Sie hat zahlreiche Massnahmen gegen Littering ins Leben gerufen, zum Beispiel den Clean-Up-Day. Die Unternehmen gehen auch selber gegen Littering vor. Die Getränkehersteller verbessern ihre Verpackungen laufend. Sie stellen Recyclingbehälter auf und arbeiten eng mit der Öffentlichkeit zusammen.
Welchen Umweltnutzen hätte ein Pflichtpfand?
Laut einer Studie der Hochschule für Technik Rapperswil brächte ein Pflichtpfand einen äusserst geringen zusätzlichen Umweltnutzen. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Umweltmassnahmen wird mit dem Specific-Eco-Benefit-Indicator (SEBI) ausgedrückt. Sinnvolle Massnahmen haben einen hohen SEBI, das heisst, sie bringen einen grossen Umweltnutzen pro investiertem Franken.
Damit sich Umweltmassnahmen lohnen, sollten sie einen SEBI von mindestens 2’500 aufweisen. Gegenüber dem bestehenden Recyclingsystem beträgt der SEBI eines Pflichtpfands nur etwa 300. Und dies trifft auch nur dann zu, wenn man mit einer unrealistischen Recyclingquote von 100 Prozent rechnet. Ein Grund für das schlechte Kosten-Nutzen-Verhältnis sind enorme Investitionen, die nötig wären.
Fördert ein Pflichtpfand Mehrweggebinde?
Nein, dem ist nicht so. Bei der Wahl der Verpackungen orientieren sich Getränkehersteller an den Vorlieben ihrer Kunden, das heisst an der Nachfrage. Aludosen und PET-Getränkeflaschen sind leicht und unzerbrechlich. Aus diesem Grund sind sie vor allem für unterwegs sehr beliebt.
Mit einem Pflichtpfand könnten Getränkeverpackungen nur noch bei Verkaufsstellen zurückgegeben werden. Der Handel müsste 300’000 Tonnen Glas, Alu und PET zusätzlich sammeln. Um die Logistik zu entlasten, würde der Handel vermehrt auf leichte und komprimierbare Einweggebinde wie PET-Getränkeflaschen oder Aludosen setzen. In Deutschland ist die Mehrwegquote nach der Einführung des Pflichtpfands 2004 gesunken.
Ein Pflichtpfand verhindert Innovationen.
Zwischen 1992 und 2020 hat sich der Umweltnutzen des Schweizer Recyclings mehr als verdreifacht. Trotzdem gilt es, das Recyclingsystem stetig zu verbessern. Das Pflichtpfand ist nur auf die Sammlung ausgerichtet. Daher würde es wertvolle Ressourcen binden, die an anderen Orten viel wirkungsvoller eingesetzt werden könnten. Wichtige Aspekte wie das Design for Recycling würden vernachlässigt. Ein Pflichtpfand wäre also eine teure Massnahme mit einem minimalen Umweltnutzen. Es würde die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft behindern.
Entschädigung für Gemeinden würde wegfallen.
Gemeinden und Zweckverbände erhalten heute Entsorgungs- und Recyclingbeiträge für ihre Sammeltätigkeit. Bei der Einführung eines Pflichtpfands würde diese Entschädigung wegfallen. Für Gemeinden und Zweckverbände hätte dies Mindereinnahmen von 30 Millionen Franken zur Folge. Aufgrund der fehlenden Beiträge würde die Sammlung von restlichem Glas, Alu und Weissblech wesentlich teurer werden.